Start Schwangerschaft Mit Stillen Nähe aufbauen

Mit Stillen Nähe aufbauen

Wie Stillen die Verbindung zwischen Mutter und Kind fördert, sich positiv auf die Gesundheit beider auswirkt und was im Körper der Mutter vor sich geht

Für Kind und Mutter bringt Stillen viel Gutes mit sich. Sofern es der Mutter gesundheitlich möglich ist, kann die Stillphase für beide ein stärkender Beginn lebenslanger Nähe sein. 

Der direkte Haut-zu-Haut-Kontakt zwischen Mutter und Kind, das sogenannte Bonding, setzt bei beiden das Hormon Oxytocin frei, das unter anderem den Aufbau einer Mutter-Kind-Bindung unterstützt. Bei der Geburt sorgt Oxytocin für die Wehen und nach der Geburt lässt es die Milch fließen. Außerdem werden durch das Hormon beim Stillen die Nachwehen ausgelöst. So wird die Rückbildung des Uterus bewirkt und das Nachblutungsrisiko gesenkt.

Darüber hinaus wird das Kind beim Stillen warm gehalten und der erste Kontakt mit Bakterien findet auf der Haut der Mutter statt. Dadurch nimmt das Kind zuerst diejenigen Bakterien auf, gegen welche die entsprechenden Antikörper in der Muttermilch enthalten sind und sein Immunsystem wird gestärkt.

Kommunikation ohne Worte: Stillzeichen

Still- oder Hungerzeichen sind die Zeichen, die das Kind der Mutter gibt, sobald es Hunger bekommt. Die frühen Stillzeichen beginnen leise und sachte, sind aber eindeutig. Verzögert sich das Stillen, folgen schnell späte Stillzeichen in Form lauter Unmutsäußerungen oder Weinen. Ein aufgebrachtes Baby an die Brust anzulegen ist sehr viel schwieriger als ein ruhiges Baby zu stillen. 

Frühe Stillzeichen sind das Hin- und Herdrehen des Kopfes (Suchen), schnelle Augenbewegungen (auch im Halbschlaf), Stirnrunzeln, Körperbewegungen, leise Geräusche, das Lecken an den Lippen, das Herausstrecken der Zunge, Saugbewegungen und -geräusche, das Führen der Hand in oder an den Mund. Zu Beginn der Stillzeit wird eine Stillfrequenz von etwa acht bis zwölf Stillmahlzeiten in 24 Stunden empfohlen. Die Muttermilch kann das Neugeborene mit allen notwendigen Nährstoffen versorgen.

Wie funktioniert Stillen?

Hinter dem Brustwarzenvorhof befindet sich ein Großteil des für die Milchbildung zuständigen Drüsengewebes, das aus den Milchbläschen mit den milchbildenden Zellen besteht. Das Hormon Prolaktin ermöglicht es, dass diese Zellen Wasser und andere Bestandteile aus dem Blut ziehen und daraus die Muttermilch herstellen. Die Ernährung der Mutter hat dementsprechend nahezu keinen Einfluss auf die Qualität der Milch. Auch die Größe einer Brust, ob vor, während oder nach der Schwangerschaft, ist für die Milchmenge nicht relevant. Entscheidend ist vielmehr das Drüsengewebe hinter dem Brustwarzenvorhof, eine große Brust hat lediglich einen größeren Anteil an Fettgewebe.

Durch das Saugen und den direkten Hautkontakt wird die Ausschüttung von Oxytocin im mütterlichen Gehirn stimuliert, das den Milchspendereflex auslöst: die Milchbläschen ziehen sich zusammen und die Muttermilch fließt durch die Milchgänge aus der Brustwarze zum Kind. Sogleich wird für Nachschub gesorgt, denn die Brust hat nur eine geringe Speicherkapazität. Sie ist kein Gefäß, das leer getrunken werden kann, sondern eine Drüse, die erst im Moment des Stillens viel Muttermilch produziert.

Vor allem in der ersten Zeit sollte das Kind der Mutter zugewandt liegen, sodass es den Kopf nicht über die Schulter drehen muss, um an die Brust zu gelangen; beispielsweise Bauch-an-Bauch bzw. Bauch-an-Seite, Ohr, Schulter und Hüfte in einer Linie. Es sollte mit einem Arm unter der Brust diese umarmen. Der Mund muss weit geöffnet sein und es beim Saugen bleiben, die Lippen ausgestülpt, Kinn und Nase sollten die Brust berühren. Wenn das Kind ruhig an der Brust trinkt, bekommt es dabei auch genug Luft. Die Brustwarze liegt weit hinten oben am Gaumen und löst dort den Saugreflex des Babys aus. Das Kind massiert durch Öffnen und Schließen des Kiefers und Wellenbewegungen der Zunge die Brust und sorgt für Unterdruck im Mund. So fließt die Milch in den Mund des Kindes bis der Schluckreflex ausgelöst wird. Auf diese Weise sollte das Stillen nicht schmerzhaft sein und die Brustwarze nicht verformt werden.

Um für besonders viel Oxytocin zu sorgen, ist meine Empfehlung für alle Mütter: direkter Hautkontakt, so viel wie möglich! Im Frühwochenbett so wenig Babykleidung wie irgend geht. Viel nackt zusammen kuscheln. Und auch danach lautet meine Empfehlung: einmal am Tag nackt zusammen ins Bett!

Thea Bethge hat sich nach ihrer Ausbildung zur Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin zur Still- und Laktationsberaterin IBCLC fortgebildet. Mittlerweile ist sie auch als Gutachterin beim Europäischen Institut für Stillen und Laktation tätig.
www.förde-stillberatung.de

Foto: NataliaDeriabina