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#nichtweiterleiten

Kampagne der Landespolizei Schleswig-Holstein gegen die Verbreitung von Kinderpornografie

Heike Bredfeldt-Lüth ist Kriminalhauptkommissarin und seit vielen Jahren bei der Polizei. Sie arbeitet beim Landespolizeiamt Schleswig-Holstein in der Zentralstelle polizeiliche Prävention.

Wie kam es zur Entwicklung des Projektes #nichtweiterleiten?

Aus unserer polizeilichen Kriminalstatistik war ersichtlich, dass die Fallzahlen in Bezug auf Verbreitung, Erwerb und Besitz von kinderpornografischen Schriften in den letzten Jahren stetig angestiegen sind. Dabei hat sich insbesondere der Anteil an tatverdächtigen Kindern und Jugendlichen vergrößert. In den letzten 10 Jahren ist der prozentuale Anteil von Kindern und Jugendlichen von ca. 3?% auf fast 27?% angewachsen. Diese Entwicklung haben wir zum Anlass genommen, die Kampagne #nichtweiterleiten zu starten.

Was sind die Handlungen in diesem Bereich? Besteht die Gefahr, sich ungewollt strafbar zu machen?

Der §?184b StGB ist hier die einschlägige Strafvorschrift. Es ist nicht immer ganz einfach, eine strafbare Handlung zweifelsfrei festzustellen. Die Bewertung, ob Kinderpornografie vorliegt oder nicht, ist Aufgabe der Polizei und der Staatsanwaltschaft. Oft ist nicht immer auf Anhieb zu erkennen, ob es sich um Kinder handelt. Aber sexuelle Darstellungen von Kindern (also bis zu einem Alter von 13 Jahren) sind ohne Ausnahme verboten. So können zum Beispiel sogenannte „Posing-Bilder“ strafbar sein. Es kann sich also auch bei einem selbst hergestellten Bild eines Kindes, welches verschickt wird, um kinderpornografisches Material handeln.

Genauso schwierig ist die Definition der „Gewalt“. Gewalt ist nicht immer erkennbar. So kann es sein, dass Kinder zu solchen Aufnahmen gezwungen werden, es auf den Bildern nicht zu erkennen ist und Kinder sogar lächeln. In dem kindlichen Alter können die Kinder noch nicht absehen, was gerade mit ihnen passiert, doch durch das Weiterleiten werden sie immer und immer wieder zum Opfer. Gewalt ist nicht immer körperlich, sondern auch das Einwirken durch Worte auf Kinder kann eine Form von Gewalt sein. Bei Darstellungen, die den schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes zeigen (Beischlaf und andere auf die Befriedigung des Geschlechtstriebes gerichtete orale, anale oder vaginale Penetration) handelt es sich unzweifelhaft um sexuelle Gewalt. Das bewusste Herunterladen auf die Festplatte stellt ebenso eine strafbare Handlung dar. Die Nutzung der sozialen Medien mittels Smartphone birgt einige Risiken und es kommt im Zusammenhang mit kinderpornografischen Schriften häufig zu leichtfertigen und unüberlegten Handlungen. So könnte es auch strafbar sein, wenn man merkt, dass man kinderpornografisches Material erhalten hat, zum Beispiel als Teilnehmer einer WhatsApp-Gruppe. Ob dies im Einzelfall zu strafrechtlichen Konsequenzen führt, kann nicht pauschal beantwortet werden und wird ebenfalls durch die Staatsanwaltschaften geprüft.

Angenommen, ich bekomme als Elternteil mit, dass ein Kind oder Jugendlicher kinderpornografische Inhalte auf seinem Handy hat und diese gegebenenfalls auch mit anderen teilt. Was sollte ich tun?

Wichtig ist, mit den Kindern und Jugendlichen zu reden. Sofern das Kind oder der Jugendliche kinderpornografisches Material auf dem Smartphone abgespeichert hat, könnte der Verdacht einer Straftat vorliegen. Der Besitzwille spielt hier eine wichtige Rolle. Es sollte auf jeden Fall vermittelt werden, keine kinderpornografischen Dateien abzuspeichern oder gezielt danach zu suchen. Entscheidend ist immer, die Inhalte auf keinen Fall weiterzuleiten!

Darüber hinaus sollte es den Behörden gemeldet werden, damit eine Chance besteht, die Urheber der Dateien zu ermitteln, um gegebenfalls einen andauernden Missbrauch zu verhindern. Die zuständige Kriminalpolizeidienststelle wird Ihnen sagen können, wie weiter verfahren wird. Jede Meldung, die keiner mehr lesen und liken kann hilft, die Betroffenen zu schützen. Zur Frage der Beweissicherung sollten Betroffene ebenfalls Kontakt zur Polizeidienststelle aufnehmen um zu klären, ob ggf. Screenshots gesichert werden müssen, denn auch dabei könnte man sich unter Umständen strafbar machen. Eine Meldung kann auch über die Internetbeschwerdestelle (www.internet-beschwerdestelle.de) gemacht werden oder über die Online-Wache der Polizei Schleswig-Holstein kann Anzeige erstattet werden. Die Polizei unterliegt dem Strafverfolgungszwang. Bei dem Verdacht einer Straftat sind wir verpflichtet, Ermittlungen einzuleiten.

Was ist für die Arbeit in Schulen, Horten und anderen Orten, an denen Kinder und Jugendliche betreut werden, wichtig zu wissen?

Es sollte den Kindern bzw. den Jugendlichen bewusstgemacht werden, dass es sich um kinderpornografische Dateien handelt. Vielfach scheinen sich die Betroffenen gar nicht bewusst zu sein, um was für Dateien es sich handelt: Kinderpornografie zeigt in den meisten Fällen sexuelle Gewalt an Kindern. Die Verbreitung ist ein Verbrechen. Das Thema sollte nicht tabuisiert werden. Es sollte offen angesprochen werden. Kinder und Jugendliche sollten früh darüber aufgeklärt werden, auch wie es ist, wenn man selbst hergestellte Fotos und Videos verschickt. Das Aufzeigen, wie sich die Opfer fühlen und klar und deutlich machen, dass die Opfer so immer wieder zum Opfer werden. Das Internet vergisst nie! Es gibt Unterrichtseinheiten in Sachen Medienkompetenz an den Schulen. Zum Beispiel engagiert sich der Offen Kanal Schleswig-Holstein als Netzwerkpartner in Sachen Aufklärung zur Medienkompetenz. Hier können sich Lehrer, Eltern und Schüler entsprechend informieren und fortbilden. Präventionsbeamte der Polizei gehen an die Schulen und informieren über das Thema Medienkompetenz. Eltern sollten Interesse für ihre Kinder zeigen, auch was für Dateien die Kinder auf ihrem Handy haben. Sie sollten ein kompetenter Ansprechpartner sein.

Was möchten Sie mit der Kampagne #nichtweiterleiten erreichen? Wie sähe ein Erfolg aus?

Mit der Kampagne erhoffen wir uns, Kinder und Jugendliche aufzuklären, dass das Weiterleiten von kinderpornografischen Schriften nicht cool sondern strafbar ist und der sexuelle Missbrauch an Kindern so immer weiter provoziert würde. Es wäre ein Erfolg, wenn die Kinder und Jugendlichen dieses Material tatsächlich nicht weiterleiten und dagegen angehen. Ein Erfolg wäre auch, wenn Eltern mehr darauf achten, was ihre Kinder in Chats verbreiten und erhalten und ihre Kinder in dieser Hinsicht aufklären und anleiten würden.